Der brasilianische Präsident Bolsonaro verharmloste von Beginn der Pandemie an die Auswirkungen des Coronavirus. Mittlerweile hat die Realität Brasilien eingeholt und zeichnet ein sehr düsteres Bild, sowohl für die Bevölkerung als auch für die Wirtschaft.
Das Virus breitet sich landesweit immer stärker aus. Inzwischen verzeichnet Brasilien weltweit die vierthöchste Infektionszahl und liegt somit noch vor Spanien und Italien, mehr mit dem Coronavirus infizierte Menschen gibt es nur in den USA, Russland und Großbritannien. Da in Brasilien relativ wenig getestet wird, dürfte die Dunkelziffer noch einmal deutlich höher liegen.
Während auch die Zahl der Todesfälle immer weiter ansteigt, scheinen die Politiker nicht nur keinen Krisenplan parat zu haben, sondern sich auch gegenseitig zu zerlegen. Gleich zwei Gesundheitsminister räumten ihren Posten innerhalb von nicht einmal vier Wochen, während diverse Gouverneure weit strengere Verhaltensregeln aufstellen als die Regierung in der Landeshauptstadt Brasilia.
Vor ein paar Tagen konnten wir mit Ana und Ritinha per Videokonferenz sprechen. Die Sorgen um unsere Kinder, aber auch um ihre eigenen Familien und Freunde machen ihnen sichtlich zu schaffen. Auch wenn im Bundesstaat Ceará, in dem Fortaleza liegt, nun eine weitreichende Ausgangssperre verhängt ist, gehen die meisten Eltern unserer Kinder weiter arbeiten — denn nur wer arbeitet, verdient auch Geld.
Für die meisten Kinder bedeutet dies, dass sie von sehr früh morgens bis abends allein sind. Für viele ist der Pausensnack, den sie mit unserem bewährten Gutscheinsystem täglich in der Schule erhalten, die erste Mahlzeit, die sie zu sich nehmen. Nun fällt diese Mahlzeit weg, genauso wie der kleine Snack, den sie normalerweise während unserer Hausaufgabenbetreuung am Nachmittag erhalten würden. Auch die Hausaufgabenbetreuung kann in der aktuellen Pandemiesituation nicht stattfinden.
Da eine Mangelernährung das Immunsystem zusätzlich schwächt, haben wir nach einer Lösung gesucht — und gefunden. Alle Familien erhalten ab sofort einmal monatlich ein Lebensmittelpaket, das sie sich im Haus der Kinderhilfe Fortaleza abholen können. Dieses Paket umfasst die brasilianischen Grundnahrungsmittel wie Reis und Bohnen, Nudeln, Zucker und Salz, Mehl, Kaffee- und Milchpulver, Margarine und Öl, Salzcracker und Kekse sowie Reinigungsmittel, Seife und Toilettenpapier.
Gleichzeitig ermöglicht uns die Aktion, auch weiterhin den Kontakt zu den Kindern und Familien aufrecht zu erhalten, denn nicht jeder hat ein Telefon und die Ausgangssperre erschwert den Austausch zusätzlich.